HOLZARCHITEKTUR

Alvar Aalto hat einmal gesagt, dass Holz das am tiefsten menschliche aller Materialien ist. Immer mehr Architekten sehen darin die Zukunft.

Dies liegt zum Teil daran, dass Innovationen bei Holzverbundwerkstoffen wie Brettschichtholz und CLT neue Möglichkeiten bieten. 

Andrew Waugh, Partner bei den Londoner Architekten Waugh Thistleton, baut seit mehr als einem Jahrzehnt mit CLT (Kreuzlagenholz). Im Februar wurde das Gebäude Orsman Road 6 vorgestellt, ein nachhaltig konzipiertes fünfstöckiges Co-Working-Gebäude im Londoner Stadtteil Hackney, bestehend aus CLT, Marmoleumfliesen, Tonoberflächen und wiederverwendeten Möbeln. Es ist eines der vielen weltweit entstehenden hölzernen Hochhäuser. 

In Vancouver ist gerade das höchste Holzgebäude der Welt realisiert worden. Das 71 Meter hohe Terrace House ist das Werk des mit dem Pritzker Price ausgezeichneten japanischen Architekten Shigeru Ban, der seit langem das Thema Nachhaltigkeit in seine Arbeit integriert. Seine Papprohrarchitektur und Bauten mit vorgefertigten Elementen sind Beispiele dafür. Der Waldreichtum in British Columbia ist so groß, dass die lokale Regierung 2019 ihre Bauvorschriften änderte und die Höhenbeschränkung für Holzrahmengebäude auf 12 Stockwerke anhob, was den alten Wert verdoppelte. Sie hoffen, dass dies in ganz Kanada und weltweit Wellen schlagen wird.

Auch Skandinavien profitiert von seinen üppigen Wäldern und erforscht neue Ideen im Holzbau. In Arstafaltet, Stockholm, ist ein Programm für 200 Holzhäuser in Planung; die schwedischen Architekten Tham & Videgårdund bauen vier 20-stöckige Türme aus einheimischer Kiefer im uferanliegenden Bereich der Stadt. In Kopenhagen baut das dänische Büro Henning Larsen Fælledby, das erste Vollholzviertel der Stadt. Es befindet sich auf einer ehemaligen Müllhalde und bietet 7.000 Einwohnern neuen Wohnraum. Fast die Hälfte des 18 Hektar großen Geländes ist für Grünflächen und wilde Naturlandschaft vorgesehen. Das im nächsten Jahr öffnende Skellefteå Kulturzentrum direkt unterhalb des Polarkreises in Nordschweden wird das höchste Holzgebäude des Landes sein. Der Entwurf des schwedischen Büros White Arkitekter ist eine Hommage an die Holzbautradition der Region. 

„Wir stehen am Wendepunkt einer Holzrevolution“, sagt Signe Kongebro, Projektarchitektin bei Fælledby. „Es gibt Hindernisse, insbesondere in Bezug auf den Brandschutz, aber wir müssen den Baustoff Holz mit eigenen Bauvorschriften und Gesetzen zu einem Teil einer städtischen Vision machen.“

Damit einher geht das Problem der Wahrnehmung. Der Holzbau steht für die zeitgemäße Reduzierung des übermäßigen Kohlenstoffverbrauchs und nicht für die Rückkehr zur Vergangenheit. „Wir müssen uns nachwachsenden Materialien zuwenden, alternativen Energien, frischer Luft und Tageslicht“, sagt Waugh. „Es ist an der Zeit, die früheren Systeme zu demontieren und anders zu bauen.“